Das Essverhalten unserer Gesellschaft verändert sich. Die drei Hauptmahlzeiten, die den Alltag jahrhundertelang strukturierten, sind vor allem in städtischen Gebieten am Bröckeln. Flexibles, spontanes und individuelles Essverhalten ist angesagt. Die Ernährung wird zunehmend zum Instrument auf der Suche nach sich selbst, zum Werkzeug der Selbstverwirklichung; ein emotionales, allgegenwärtiges Thema. Essen wird oft als Mittel zur Weltverbesserung eingesetzt. Die Konsumenten erwarten ökologisch und fair produzierte Nahrungsmittel. Vegetarische und vegane Ernährung sind hoch im Kurs; auch die Gruppe der Flexitarier, Menschen, die sich vegetarisch ernähren, sich aber trotzdem ab und zu ein nachhaltig produziertes Stück Fleisch gönnen, nimmt zu. Das Essen dient nicht nur der Ernährung, es muss einen Mehrwert für geistige und körperliche Gesundheit und ganzheitliches Wohlbefinden bieten. Der Detailhandel und die Gastronomie nehmen diese Trends auf und erweitern ihr Sortiment mit neuen Lebensmitteln und Gerichten. In den sozialen Medien ist das Essen ein beliebtes Thema. In Blogs wird über Nahrungsmittel, Zubereitung, Gesundheit und Nachhaltigkeit diskutiert. Wie verhält sich die Schweizer Landwirtschaft gegenüber diesen neuen Trends? Sollen wir uns dagegen wehren oder uns anpassen? Ich denke, in den letzten Jahren hat sich die Landwirtschaft ebenfalls stark verändert und angepasst. Viele Betriebe richteten und richten sich neu aus und passen sich den Anliegen der Gesellschaft an. Diese Umstellungen und die nachhaltige Produktion zeigen ihre Wirkung. So macht sich bereits eine Trendwende bemerkbar: Die Milch ist knapp und vom Butterberg keine Spur. Auch im Rindfleisch- und Getreidesektor ist die Inlandproduktion auf einem rekordverdächtig tiefen Niveau angelangt. Sich anpassen braucht aber auch etwas Zeit: Neue Betriebsausrichtungen und Investition sollen gut überlegt sein, und diese können nicht von einem Jahr aufs andere wieder geändert werden. Der Ball liegt nun bei den Konsumenten. Sie sind nun in der Pflicht, unsere nachhaltig produzierten Lebensmittel zu kaufen.

Text: Ursi Piechl, Bäuerin