Seit dem 1. Januar 2022 darf Gülle auf den Flächen im Kanton Thurgau nur noch mit emissionsarmen Techniken ausgebracht werden. So sieht man beim Güllen oft den Schleppschlauch im Einsatz. Damit wird die Gülle direkt auf dem Boden abgelegt und auch die Geruchsemission sinkt deutlich. Wie wirkt sich das auf die Umwelt aus? Warum wurden gewisse Ausbringtechniken verboten? Roland Ilg, vom kantonalen Amt für Umwelt und zuständig für Emissionen, Projektleiter Vollzug Massnahmenplan Ammoniak, stellte sich unseren Fragen. 

Wo liegt das «Umweltproblem» beim Thema Ammoniak?
Der zu hohe Eintrag von Stickstoff wirkt sich vor allem in zwei Bereichen negativ aus. Einerseits ist Ammoniak bzw. Stickstoff eine Vorstufe von Feinstaub. Diese kleinen Teilchen sind stark gesundheitsgefährdend und können – je nach Grösse – bis in die kleinsten Verästelungen der Lunge gelangen. Andererseits werden auch empfindliche Ökosysteme wie Naturschutzgebiete oder Wälder durch die Einträge gedüngt. Auf mehr als 90 % der Waldfläche werden die kritischen Einträge für Stickstoff überschritten und führen zu einer Veränderung der Bodenvegetation sowie einer unausgeglichenen Nährstoffversorgung der Bäume. Dies vermindert die Resistenz gegenüber Parasiten, Trockenheit und Frost.

Welche Techniken sind beim Güllen erlaubt und welche nicht mehr?
Seit dem 1. Januar 2022 darf Gülle auf den Flächen im Kanton Thurgau nur noch mit emissionsarmen Techniken ausgebracht werden. Als solche Techniken gelten: Schleppschlauch, Schleppschuh oder Gülledrill. Für schwieriges Gelände wie z. B. Hanglagensowie für spezielle Kulturen wie Hochstammobstgärten sind Ausnahmen definiert worden. An diesen Orten darf die Gülle noch konventionell ausgebracht werden. 

Warum sind konventionelle Techniken verboten worden?
Da die Gülle beim Ausbringen mit Pralltellern oder ähnlichen Verfahren durch die Luft geschleudert wird, emittiert mehr Ammoniak als wenn die Gülle direkt auf den Boden aufgetragen wird. Zudem wird der Boden vollflächig mit Gülle belegt, die verschmutze Fläche und damit die Ammoniak-Emissionen sind dadurch deutlich höher. 

Was ist an der Schleppschlauch-Technik besser?
Generell führt der Einsatz von emissionsmindernden Techniken zu einer deutlichen Reduktion der Ammoniakemissionen bei der Gülleausbringung, da die Gülle direkt auf den Boden abgelegt oder eingebracht wird und die verschmutzte Fläche so deutlich geringer ist. Wird die Gülle in bereits nachgewachsene Bestände (z. B. auf eine Wiese) abgelegt, führt das feucht-schattige Mikroklima zusätzlich zu geringeren Emissionen.

Ein weiterer Vorteil der emissionsmindernden Techniken ist, dass die Geruchsemissionen deutlich geringer sind als bei der breitflächigen Ausbringung mit Prallteller. Dies wird von der Bevölkerung und Anwohnerinnen und Anwohnern sehr geschätzt. 

Wie wirkt sich das auf die Umwelt aus?
Wir gehen davon aus, dass durch die emissionsarmen Ausbringtechniken die Ammoniakemissionen aus der Tierhaltung um 6 bis 8 % (150 bis 210 t NH3-N im Jahr gegenüber dem Basisjahr 2015 gerechnet) reduziert werden können. Dies ist dann möglich, wenn mindestens 80 % der Gülle im Kanton Thurgau mit emissionsarmen Techniken ausgebracht wird. Der Anteil wird aufgrund der unterschiedlichen topografischen und anbaubedingten Voraussetzungen regional variieren.

Die Massnahme „emissionsarmes Gülleausbringen“ ist nur eine von zwölf Massnahmen, die im Massnahmenplan Ammoniak definiert wurden. Allerdings ist sie die Massnahme mit der grössten Wirkung. Gesamthaft sollten durch die Umsetzung des Massnahmenplans 18 bis 20 % der Ammoniakemissionen gegenüber dem Basisjahr 2015 eingespart werden. Damit ist diese Massnahme „emissionsarmes Gülleausbringen“ wesentlich am Erfolg des Massnahmenplans beteiligt. Gemäss Bundesvorgaben müsste sogar eine Reduktion von ca. 40 % erreicht werden. 

Wer hat an dem Projekt mitgearbeitet?
Erarbeitet wurde der Massnahmenplan Ammoniak durch das Amt für Umwelt und das Landwirtschaftsamt zusammen mit Vertreterinnen und Vertretern der Branche. Die Projektgruppe bestand aus sechs Personen der kantonalen Verwaltung sowie sechs Personen, die durch den Thurgauer Bauernverband (VTL) nominiert wurden. Bei der Erarbeitung des Massnahmenplans bestand Einigkeit, dass die Reduktion der Ammoniak-Emissionen dringend nötig ist. Für alle involvierten Personen wurde deutlich, dass die Massnahmen zur Ammoniak-Reduktion branchenverträglich und in der Praxis realisierbar sein müssen. Die Massnahme der emissionsarmen Gülleausbringtechnik mittels Schleppschlauch oder Schleppschuh wurde als geeignete und gut umsetzbare Lösung eingestuft. Letztendlich weist dieses Instrument die höchste emissionsmindernde Wirkung auf, weshalb deren Umsetzung essentiell ist. Insgesamt haben in 2021 rund 1’000 Thurgauer Landwirtschaftsbetriebe am Direktzahlungsprogramm emissionsmindernde Ausbringverfahren teilgenommen. Insofern besteht eine gute Ausgangslage.

Ab 2022 werden Direktzahlungen nur noch für den Einsatz des Schleppschuhs und Gülledrills ausgerichtet. Es handelt sich hierbei um kantonale Zusatzbeiträge in der Höhe von Fr. 15.00 pro Hektare.